Warum ich male…

Oder anders formuliert: Warum male ich noch immer?

Meine erste Begeisterung für Farben begann in der Kindheit. Der Anblick eines neuen unbenutzten Farbkastens mit all den leuchtenden Farbnäpfen oder eine frische Packung von Farbstiften haben mich schon immer in Begeisterung versetzt. Ich war versessen darauf, diese Farben zu benutzen. Über die Jahre hat sich diese Freude nicht verändert. Heute ist die Malerei ein Teil von mir. Sie bestimmt und beeinflusst mich. Ich nehme Farben wahr, Formen und Motive, die ich dann bewusst oder auch unbewusst in meinem Kopf und Bauch mit mir herumtrage, sie dort be- und verarbeite, um am Ende dann vielleicht ein Bild zu malen. Die Frage nach dem „Noch Immer“ hat sich mir in der Vergangenheit häufiger gestellt. Ich habe sehr lange Phasen des „Nicht Malens“ hinter mir und ich glaube, solche Phasen werde ich auch weiterhin haben. Dennoch beschäftigt mich der oben beschriebene Vorgang, aus dem sich im besten Falle ein Bild entwickeln lässt von dem ich sage, dass es gut und vorzeigbar ist. Manchmal bin ich selbst überrascht, in einem Bild etwas zu entdecken, was einmal wahrgenommen, später in den Hintergrund getreten, plötzlich doch den Weg auf meine Leinwand gefunden hat.

Und wenn es soweit ist, dass ich ein Bild fertig gestellt habe und mit dem Ergebnis zufrieden bin, dann ist das Gefühl der Erfüllung und Befriedigung unbeschreiblich.  Dabei ist es nicht wichtig, ob mir der Schaffensprozess schwer gefallen ist oder leicht von der Hand ging und die Farbe wie von selbst auf die Leinwand floss. Der unbeschreiblich schöne Moment des „gelungenen Bildes“ ist etwas ganz Besonderes, etwas Beflügelndes! Solche Momente möchte ich immer wieder erleben.

Interessant ist es, den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem das Bild fertig und gut ist.  Genau darum geht es mir:  Zu erleben wie ein Bild entsteht, wie es sich entwickelt, wie es seine Wirkung erzielt, wie es irgendwann zu dem fertigen Bild wird, das mich zufrieden stellt. Manchmal wird auch ein erreichtes Resultat wieder verworfen, verändert, übermalt… Ein sehr sinnlicher Prozess, der da mit mir und auf der Leinwand stattfindet und der mich anspornt, „es“ immer wieder zu tun. Soweit zu der Frage nach dem „Warum“.

Ein sehr wichtiger Punkt, der mich bewegt und den ich ansprechen möchte, ist ein neuerer Aspekt in meiner Malerei. Seit etwa 5 Jahren habe ich neben meinem gegenständlichen Arbeiten die Faszination der abstrakten Malweise kennengelernt. Zu Beginn war es ein eher zaghaftes Herantasten. Ich war den freieren Umgang mit Farben und Formen, das unbegrenzte Malen jenseits eines vorgegebenen Motivs nicht gewohnt. Es war ein kleiner Kampf, ich musste mich an diese Art der „Befreiung“ erst gewöhnen. Nach und nach gab es kleine Erfolge. Ich hatte nicht mehr ein unbeholfenes Gefühl, wenn ich ohne Motiv mit Farben und Formen experimentieren konnte. Dazu kam die Erweiterung meiner Materialien von der bisherigen Acryl- hin zur Ölmalerei. Beide Materialien haben ganz spezielle Eigenschaften, die man sich – je nach Intention – zunutze machen kann. Ich benutze heute beides, Acryl- und Ölfarben.

Da stand ich dann vor der unbearbeiteten Leinwand, kein Stillleben vor mir als Vorgabe, weder Skizze noch Foto einer Landschaft, einfach nur die leere weiße Leinwand und meine Farben, mit denen ich arbeiten sollte. Eine echte Herausforderung und Umstellung zu der vorher verinnerlichten Arbeitsweise.

Inzwischen bin ich einige Jahre weiter, meine Vorgehensweise hat sich verändert, ich bin immer experimentierfreudiger geworden. Und hier setzt die für mich größte Erkenntnis ein: Ich habe inzwischen das Gefühl, dass in der Malerei ALLES möglich ist. Ich spreche hier immer noch von dem klassischen Tafelbild, von einem Bildträger z.B. Leinwand oder Papier mit Pinsel und Farbe bemalt. Aber innerhalb dieser Flächen ist wirklich ALLES möglich. Im Jahr 2012 habe ich durch die Beschäftigung mit einem berühmten Maler erkennen dürfen, wie breit gefächert man arbeiten kann und darf. Die Bandbreite kann immens sein. Vieles ist kombinierbar und das hat meine Neugier geweckt. Ich bin sicher, die Phasen des Zweifel(n)s brechen immer mal wieder über mich herein, doch der sich ständig erweiternde Horizont der Wahrnehmung verbunden mit der Erkenntnis und Überzeugung, dass in der Malerei nur sehr wenige Grenzen sind, spornen mich an weiterzumachen.

Diese neue Webseite mit meinen Arbeiten soll eine Markierung sein in meinem künstlerischen Schaffensprozess, ein Punkt der deutlich macht, dass man sich weiterentwickeln kann und dass diese Entwicklung etwas sehr Spannendes ist.

Malen ist Leidenschaft, Kampf und Lust zugleich. Ich denke bunt!

Frank Hentschel, Oktober 2014